Die Veräußerung eines wesentlichen Kapitalgesellschaftsanteils (von mindestens 1%) sowie die Auflösung einer Kapitalgesellschaft führen beim Anteilseigner zu einem Veräußerungsgewinn bzw. -verlust – und zwar in Höhe des Veräußerungspreises bzw. des ausgekehrten Vermögens abzüglich der Veräußerungs- und der Anschaffungskosten der Beteiligung. Dabei gilt es zu beachten, dass auch die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft zu gewinnmindernden nachträglichen Anschaffungskosten führen kann.

Eine neue Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zeigt, dass der Gesellschafter einer insolventen GmbH noch keinen Veräußerungsverlust geltend machen kann, solange die Höhe seiner Bürgschaftsinanspruchnahme nicht eindeutig feststeht. Im Urteilsfall hatte ein Gesellschafter eine Höchstbetragsbürgschaft von 450.000 € für Verbindlichkeiten seiner GmbH übernommen. Nachdem 2010 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet worden war, führte der Gesellschafter einen mehrmonatigen Schriftwechsel mit seiner Bank, um über die Höhe der tatsächlichen Bürgschaftsinanspruchnahme zu verhandeln. Im Mai 2011 teilte ihm die Bank schließlich mit, dass sie ihn gegen Zahlung von nur 60.000 € aus der Bürgschaft entlässt (das Geld floss im selben Jahr). Fraglich war, ob der Gesellschafter bereits in seiner Einkommensteuererklärung 2010 einen Auflösungsverlust abrechnen konnte, obwohl die Höhe der Bürgschaftsinanspruchnahme 2010 noch in der Schwebe war.

Der BFH verneinte dies und entschied, dass ein Auflösungsverlust erst entsteht, wenn die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten feststeht. 2010 war ein Urteilsfall aber noch nicht absehbar, dass der Anteilseigner nur in Höhe von 60.000 € in Anspruch genommen wird.