Nach langem und zähem Ringen hat der Bundesrat den Weg für die vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer freigemacht. Änderungen waren insbesondere an den Verschonungsregelungen beim Übergang großer Betriebsvermögen erforderlich. Nachfolgend beantworten wir die wichtigsten Fragen zur Reform:
Was bedeutet „Verschonung von Betriebsvermögen“?
Übertragenes Betriebsvermögen bleibt zu 85 % von der Erbschaft- oder Schenkungsteuer verschont, wenn der Betrieb mindestens fünf Jahre fortgeführt wird (Behaltensfrist) und in diesem Zeitraum insgesamt mindestens 400 % der durchschnittlichen Jahreslöhne des Erwerbsjahres ausgezahlt werden (Lohnsummenregelung). Eine 100%ige Verschonung ist möglich, wenn der Betrieb mindestens sieben Jahre behalten wird und die Lohnsumme mindestens 700 % des Erwerbsjahres beträgt.
Wird die Verschonung weiterhin gewährt?
Die Verschonung bleibt prinzipiell möglich, allerdings wird sie nur noch für Betriebsvermögen von bis zu 26 Mio. € je Erwerber gewährt. Übersteigt das Betriebsvermögen diese Grenze, gibt es zwei Möglichkeiten, die Steuerlast zu senken:
- Bei der Bedarfsprüfung wird die Steuer auf das „begünstigte“ Betriebsvermögen auf Antrag erlassen, soweit der Erwerber nachweist, dass er nicht in der Lage ist, sie aus verfügbarem Vermögen zu begleichen. Zur Prüfung wird neben dem begünstigten Betriebsvermögen auch das nichtbegünstigte Betriebs- und Privatvermögen herangezogen sowie das Vermögen, das schon vor der Erbschaft vorhanden war.
- Alternativ kann der Erwerber beantragen, dass der Verschonungssatz von 85 % bzw. 100 % stufenweise abgeschmolzen wird. Die Abschmelzung erfolgt mit 1 % je 750.000 € Betriebsvermögen, welches über der Schwelle von 26 Mio. € liegt.
Gibt es Sonderregelungen?
Zusätzlich zum Verschonungsabschlag gibt es für Unternehmen mit „familiengesellschaftstypischen Beschränkungen“ einen Vorab-Abschlag von bis zu 30 % auf den Wert des begünstigten Vermögens. Damit dieser Abschlag gewährt wird, muss der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung bestimmte Entnahme-, Ausschüttungs-, Verfügungs- und Abfindungsbeschränkungen enthalten. Diese müssen allerdings zwei Jahre vor und 20 Jahre nach der Erbschaft bestanden haben.
Wer muss die Lohnsummenregelung beachten?
Die Lohnsummenregelung kommt künftig schon bei Betrieben mit mehr als fünf Arbeitnehmern zum Tragen. Bei sechs bis zehn Beschäftigten muss für die Regelverschonung von 85 % eine Mindestlohnsumme von 250 % beachtet werden; für die Optionsverschonung von 100 % muss die Lohnsumme mindestens 500 % betragen. Die Behaltensfrist bleibt unverändert bei fünf bzw. sieben Jahren. Bei elf bis 15 Beschäftigten liegen die Schwellen bei 300 % und 656 %. Ab 16 Arbeitnehmern gelten die oben beschriebenen Werte.
Welches Betriebsvermögen ist „begünstigt“?
Die Übertragung von Verwaltungsvermögen ist nach wie vor nicht begünstigt. Im Rahmen der Reform wurde konkretisiert, dass Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge und sonstige typischerweise dem privaten Leben dienende Gegenstände zum Verwaltungsvermögen gehören und damit nicht begünstigt sind. Finanzmittel können nur noch bis zu 15 % des Unternehmenswerts begünstigt übertragen werden. Damit soll insbesondere verhindert werden, dass Geldmittel nur zu dem Zweck in sogenannte Cash-GmbHs eingebracht werden, um das Geld als Betriebsvermögen deklarieren und die GmbH-Anteile dann steuerbegünstigt übertragen zu können.
Wie wird das Betriebsvermögen nun bewertet?
Eine wichtige Rolle bei der Bewertung des Betriebsvermögens spielt der Kapitalisierungsfaktor: Beim vereinfachten Ertragswertverfahren wird der durchschnittliche Jahresertrag des Unternehmens mit ihm multipliziert. Wegen des dauerhaft gesunkenen Zinsniveaus ist er nun gesetzlich auf 13,75 festgeschrieben, um die Überbewertung von Unternehmen zu verhindern.
Ab wann gilt die Reform?
Die Neuregelungen treten rückwirkend zum 01.07.2016 in Kraft und sind für alle Erwerbe ab diesem Zeitpunkt anzuwenden.
Hinweis: Für die Übertragung von Betriebsvermögen gibt es auch nach der Reform noch Vergünstigungen. Damit Sie diese in Anspruch nehmen können, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein – mitunter schon Jahre vor der Übertragung, Sprechen Sie uns daher rechtzeitig an, wenn Sie ihr Betriebsvermögen auf die nächste Generation zu übertragen planen.