Neue Hinweispflichten für Rechtsanwälte – hier: VSBG

(Stand: August 2018)

– Seit 09.01.2016 müssen Rechtsanwälte auf ihrer Homepage einen Link zur europäischen Onlinestreitbeilegungs-Plattform (OS-Plattform) vorsehen und ihre E-Mail-Adresse angeben, wenn sie Online-Dienstverträge mit Verbrauchern schließen.

– Seit 01.02.2017 müssen Rechtsanwälte auf ihrer Homepage oder in ihren AGB über die Möglichkeit der Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor der zuständigen Verbraucherstreitbeilegungsstelle – hier: Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft in Berlin – hinweisen.

ADR-Richtlinie – Hinweispflichten seit 01.02.2017

Die sog. ADR-Richtlinie wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten vom 19. Februar 2016 (BGBl. I 254) in nationales Recht umgesetzt.

Mit dieser Neuregelung wird ein bundeseinheitlicher Rahmen für die Beilegung von Streitigkeiten aus online und offline abgeschlossenen Verträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmen geschaffen, indem diese vor eine außergerichtliche Verbraucherschlichtungsstelle gebracht werden können. Den Schwerpunkt bildet als neues Stammgesetz das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG). Daneben werden verschiedene spezialgesetzliche Bestimmungen über Schlichtungsstellen angepasst.

Das Gesetz ist zum größten Teil am 01.04.2016 in Kraft getreten.

Ergänzend ist zum 01.04.2016 die Verbraucherstreitbeilegungs-Informationspflichtenverordnung (VSBInfoV) vom 28.02.2016 (BGBl. I 326) in Kraft getreten.

1. Allgemeines

Informationspflichtig sind Unternehmer, die eine Webseite unterhalten oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden und Verträge mit Verbrauchern abschließen. Der Unternehmerbegriff unterfällt § 13 BGB und der Verbraucherbegriff § 14 BGB. Die Informationspflichten des Unternehmers sollen dem Verbraucher Klarheit darüber verschaffen, ob der Unternehmer an einem Streitbeilegungsverfahren teilnimmt und wie die dann zuständige Verbraucherschlichtungsstelle aufzufinden ist. Der Unternehmer hat darüber zu informieren, ob er sich verpflichtet hat, an einer Streitbeilegung vor einer Verbraucherstreitbeilegungsstelle teilzunehmen oder ob er sich hierzu freiwillig bereit erklärt hat.

2. Konkrete Informationspflichten

Die Informationspflichten für Unternehmer nach §§ 36, 37 VSBG, die auch von der Anwaltschaft zu beachten sind, gelten ab dem 01.02.2017.

a. § 36 VSBG: allgemeine Informationspflicht

Nach § 36 Abs. 1 VSGB hat ein Unternehmer, der eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, den Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich

– in Kenntnis zu setzen davon, inwieweit er bereit oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, und

– auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen, wenn sich der Unternehmer zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet hat oder wenn er auf Grund von Rechtsvorschriften zur Teilnahme verpflichtet ist.

Von der Informationspflicht nach Absatz 1 Nummer 1 ausgenommen ist ein Unternehmer, der am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres zehn oder weniger Personen beschäftigt hat. Sie müssen allerdings dennoch nach Nummer 2 auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle einschließlich Anschrift und Webseite hinweisen, wenn sich der Unternehmer zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet hat oder wenn er auf Grund von Rechtsvorschriften zur Teilnahme verpflichtet ist.

Der Beschäftigtenbegriff stellt auf die tatsächliche Kopfzahl ab und erfasst auch Auszubildende.

Eine Verpflichtung der Rechtsanwälte, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, besteht nicht.

Bei freiwilliger Teilnahme muss die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle benannt werden, mit Angaben zur Anschrift und Webseite der Verbraucherschlichtungsstelle sowie mit der Erklärung des Unternehmers, sich an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle zu beteiligen. Beteiligt sich ein Unternehmer nicht, so muss er aus Transparenzgründen ebenfalls darauf hinweisen nicht teilzunehmen.1

Soweit eine Informationspflicht besteht, müssen die erforderlichen Hinweise auf der Webseite des Unternehmers erscheinen, wenn er eine Webseite unterhält. Verwendet er Allgemeine Geschäftsbedingungen, müssen die Informationen zusammen mit diesen gegeben werden. Wird beides verwendet, muss der Hinweis auch in beiden Meiden enthalte sein.

b. § 37 VSBG: Pflichten nach Entstehen der Streitigkeit

Ferner hat jeder Unternehmer gemäß § 37 Abs. 1 VSBG den Verbraucher auf eine für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle unter Angabe von deren Anschrift und Webseite in Textform hinzuweisen, wenn eine Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag durch den Unternehmer und den Verbraucher nicht beigelegt werden konnte.

Der Unternehmer gibt zugleich an, ob er zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bei dieser Verbraucherschlichtungsstelle bereit oder verpflichtet ist. Ist der Unternehmer zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren einer oder mehrerer Verbraucherschlichtungsstellen bereit oder verpflichtet, so hat er diese Stelle oder diese Stellen anzugeben.

Hierbei ist an die Verjährungshemmung zu denken. Wenn vor Einreichung des Schlichtungsantrags feststeht, dass der Antragsgegner nicht bereit ist, an einem Versuch der außergerichtlichen Streitbeilegung teilzunehmen und dies dem Antragsteller bereits eindeutig mitgeteilt hat, dann ist die gleichwohl erfolgte Inanspruchnahme einer außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle rechtsmissbräuchlich. Der Antragsteller kann sich dann nicht auf die auf die Verjährungshemmung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB berufen.2

Verstöße gegen die Informationspflichten nach §§ 36, 37 VSBG können nach der Gesetzesbegründung Ansprüche wegen Verletzung vorvertraglicher oder vertraglicher Pflichten auslösen, sofern ein Schaden vorliegt. Hierneben bestehen Ansprüche aus §§ 1, 2 UKlaG iVm Art. 7 Nr. 1 des Umsetzungsgesetzes.

3. Nationale Streitbeilegungsstellen

Die ODR-Verordnung gilt nach Art. 2 Abs. 1 für die außergerichtliche Streitbeilegung durch Einschalten einer der EU-Kommission gemeldeten nationalen Streitbeilegungsstelle unter Nutzung der OS-Plattform. Das Bundesamt für Justiz ist zentrale Anlaufstelle für Verbraucherschlichtung für die Europäische Kommission. Ihr obliegt es, eine Liste der in Deutschland anerkannten Verbraucherschlichtungsstellen zu führen und der EU-Kommission regelmäßig zu übermitteln.

Das nationale Gesetz über die alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen (Verbraucherstreitbeilegungsgesetz, VSBG) ist am 01.04.2016 in Kraft getreten (siehe III.). Dieses enthält die Regelungen der Kriterien und Verfahren zur Anerkennung als nationale Streitbeilegungsstelle.

Derzeit finden sich auf der OS-Plattform 14 spezialisierte nationale Streitbeilegungsstellen sowie die allgemeine Auffangstreitbeilegungsstelle mit Sitz in Kehl.

a. Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft

Die deutsche Anwaltschaft hat frühzeitig im Jahr 2011 eine unabhängige Stelle zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Rechtsanwälten und Mandanten geschaffen (§ 191f BRAO). Die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft in Berlin ist nun bereits als eine der wenigen Stellen vom Gesetzgeber als Schlichtungsstelle im Sinne des VSBG anerkannt. Zuständige Verbraucherschlichtungsstelle ist damit für vermögensrechtliche Streitigkeiten aus dem Mandatsverhältnis die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft, Rauchstr. 26, 10787 Berlin,

www.s-d-r.org.

Die Vermittlungsabteilungen, die die regionalen Rechtsanwaltskammern als Schlichtungsmöglichkeit bei Auseinandersetzungen zwischen Rechtsanwälten und Mandanten anbieten, unterfallen hingegen nicht dem VSBG. Die Vermittlung der regionalen Kammern ist gem. § 73 Abs. 2 Nr. 3 BRAO Aufgabe des Vorstandes; dieser wird nach § 89 Abs. 2 Nr. 1 BRAO von der Mitgliederversammlung gewählt. Eine Beteiligung an der Bestellung von Kammervermittlern ist mithin nicht möglich.

b. Allgemeine Schlichtungsstelle

Bei Streitigkeiten in Branchen, in denen es noch keine branchenspezifische Schlichtungsstelle gibt, können sich Verbraucher an die Allgemeine Schlichtungsstelle wenden. Die Allgemeine Schlichtungsstelle „Zentrum für Schlichtung e.V.“ hat ihren Sitz in Kehl und ist seit dem 01.04.2016 erreichbar über: www.verbraucher-schlichter.de