Hat ein volljähriges Kind seine erstmalige Berufsausbildung oder sein Erststudium abgeschlossen und absolviert es anschließend eine weitere Ausbildung, können Eltern während dieser „aufgesattelten“ Ausbildung nur dann noch Kindergeld und Kinderfreibeträge fortbeziehen, wenn das Kind nebenher keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgeht.

In welchem zeitlichen Umfang ein Kind arbeitet, spielt noch keine Rolle, solange es sich noch in einer erstmaligen Berufsausbildung oder in einem Erststudium befindet. Eltern argumentieren daher gegenüber Finanzämtern und Familienkassen bei sogenannten mehraktigen Ausbildungsgängen häufig damit, dass sämtliche Ausbildungsteile noch zu einer einheitlichen „Erstausbildung“ zählen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) können mehraktige Ausbildungen noch als einheitliche Erstausbildung angesehen werden, wenn die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zueinander stehen (z.B. dieselbe Berufssparte be- treffen und aufeinanderfolgen) und das Kind sein angestrebtes Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht.

Setzt der zweite Ausbildungsabschnitt jedoch eine berufspraktische Tätigkeit des Kindes voraus oder nimmt das Kind nach dem ersten Ausbildungsabschnitt freiwillig eine nicht nur vorübergehende Berufstätigkeit auf, liegt keine einheitliche Erstausbildung mehr vor, so dass eine Erwerbstätigkeit nach dem ersten Abschluss den Kindergeldanspruch zu Fall bringen kann. Ein aktuelles BFH-Urteil erörtert, welche Kriterien dagegensprechen, einen zweiten Ausbildungsabschnitt noch als Teil einer einheitlichen Erstausbildung anzusehen:

  • Das Kind nimmt nach dem ersten Abschluss ein unbefristetes oder auf mehr als 26 Wochen befristetes Beschäftigungsverhältnis mit einer (nahezu) vollzeitigen Wochenarbeitszeit auf.
  • Das Kind „verwertet“ seinen ersten Abschluss, indem es eine Stelle im erlernten Bereich antritt.

Die Ausbildungsaktivitäten treten im zweiten Ausbildungsabschnitt gegenüber der aufgenommenen Berufstätigkeit in den Hintergrund (insbesondere zeitlich).