Als Arbeitgeber haften Sie nicht nur für die Lohnsteuer, die Sie selbst einbehalten und abführen müssen – Ihre Haftung erstreckt sich auch auf diejenigen Lohnsteuerbeträge, die ein Dritter abführen muss, sofern Ihre Arbeitnehmer gegen diesen einen tarifvertraglichen Anspruch auf Arbeitslohn haben.
Einen solchen Fall der Lohnsteuerhaftung hat der Bundesfinanzhof (BFH) untersucht: Die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (Dritter) hatte Abgeltungszahlungen für Urlaubsentschädigungen an die Bauarbeiter des klagenden Arbeitgebers ausgezahlt, ohne Lohnsteuer einzubehalten. Dieses Prozedere ging auf eine schriftliche Auskunft ihres Betriebsstättenfinanzamts zurück, wonach die Kasse für Arbeitnehmer mit weniger als 183 inländischen Beschäftigungstagen im Jahr keinen Steuerabzug vornehmen müsse. Die Auskunft war im Einvernehmen mit dem zuständigen Landesfinanzministerium ergangen.
Bei einer Lohnsteueraußenprüfung gelangte das Finanzamt später jedoch zu der Ansicht, dass die ausgezahlten Gelder sehr wohl dem Lohnsteuerabzug hätten unterworfen werden müssen. Daraufhin forderte es die entgangene Steuer per Haftungsbescheid vom Arbeitgeber nach. Der BFH erklärte diesen Bescheid für rechtswidrig und wies darauf hin, dass eine Haftung des Arbeitgebers nur dann in Betracht kommt, wenn dem Dritten ein Fehlverhalten angelastet werden kann (nicht vorschriftsmäßiger Steuereinbehalt). Und dies war gerade nicht der Fall, da die Urlaubskasse mit dem Unterlassen des Lohnsteuereinbehalts den Weisungen einer Landesfinanzbehörde gefolgt war.
Hinweis: Nicht jeder unterlassene Lohnsteuerabzug eines Dritten führt also dazu, dass der Arbeitgeber später in Haftung genommen werden kann. Entscheidend ist, ob der Dritte vorschriftsmäßig oder vorschriftswidrig vorgegangen ist. Und nicht jede Auskunft der Finanzämter kann zur Klärung dieser Frage herangezogen werden: Das Vorgehen eines Dritten ist einzig dann vorschriftsmäßig, wenn es auf einer Lohnsteueranrufungsauskunft des Finanzamts oder – wie im Urteilsfall – auf den Vorgaben der zuständigen Finanzbehörden der Länder oder des Bundes beruht.